Sexy oder Sexistisch? Immer wieder, wenn die Werbewirtschaft die Grenze ihrer eigenen „Sex sells“ Logik wieder einmal überspannt, entbrennt eine Debatte. Sie zeigt, wie wenig selbst JournalistInnen oder PolitikerInnen den Unterschied zwischen „sexy“ und „sexistisch“ eigentlich einschätzen können.
Die Initiative PinkStinks hat dafür Plakate und Sticker entworfen, die den Unterschied klarmachen. Tata, Überraschung: Es ist der Kontext! Auf dem Bild sitzt das Model leicht bekleidet auf einem Stuhl. Auf dem einen wird der BH beworben, die Nacktheit macht Sinn aufgrund des beworbenen Objektes, den eine potenzielle Käuferin erwerben möchte. Beim anderen geht es um den Stuhl, die Nacktheit der Frau wird selbst zum dekorativen Objekt.
PinkStinks ist eine Initiative, die sich gegen sexistische Medien, Gender Marketing und Sexismus in der Werbung engagiert und versucht, gegen limitierende Geschlechterrollen vorzugehen. Das tun sie mit eigenen Kampagnen, Aufklärung aber auch Lobbying.
Auf der Website der Kampagne erklären sie es selbst sehr anschaulich:
„Sexualisierung ist nicht per se diskriminierend. Sie kann aber diskriminierend sein, und dann ist es Sexismus. Immer noch scheinen sehr wenig Menschen zu verstehen, dass Sexismus nicht „irgendwas mit Sex oder nackter Haut“ ist. Im Gegenteil: In den 60er Jahren haben unsere Mütter noch hart dafür kämpfen müssen, im Minirock auf die Straße gehen zu dürfen. Es geht uns also nicht darum, nackte Haut von den Straßen zu verbannen, sondern klar zu machen, dass eine Frau noch so wenig anhaben kann oder so viel, wie sie will: Sie gehört respektiert. Mit ihrem halbnackten Körper jedoch Sessel, Hundefutter oder Würstchen zu verkaufen, ist erniedrigend. Eigentlich ist es ganz einfach: Setzen wir doch einfach einen Mann in schicker Boxershorts auf den Sessel und schreiben den Preis der Boxershorts auf. Dann probieren wir den Sessel mit seinem schönen Körper zu verkaufen. Geht nicht? Wirkt irgendwie abwertend? Eben.“
Stevie, Nils, Lisa, Annina und Anja von PinkStinks
Ein paar Beispiele aus der Werbung. Anklicken zum Vergrößern:
Wie ist es mit „sexy oder sexistisch“ im Biz?
Das Problem ist nicht die Sexualisierung selbst. Auch keine Objektivierung, die für Begehren grundsätzlich notwendig ist. Deshalb verwehren wir uns ja gegen eine pauschale Verurteilung des Porno als sexistisch. Auch wenn der Porno ganz offensichtlich mit der sexuellen Attraktivität Geschäft macht. Die Frage ist, wie es umgesetzt wird. Der Unterschied ist, dass zwischen gleichberechtigten Partnern, zwischen zwei Subjekten der Lust, wenn man so möchte, die Objektivierung gegenseitig verläuft. Ohne, dass eine Seite den Subjektstatus ganz aufgeben muss und nur noch zum Objekt degradiert wird. In einfachen Worten: Sehen und gesehen werden, begehren und begehrt werden!
Das Problem ist der Kontext, der traditionell sehr einseitigen Blickrichtung vom Mann zur Frau und der Frau, die auf ihre Objektiviertheit reduziert wird. Und der Kontext, in dem es eingesetzt wird. Vor allem in der Werbung. Diese triviale Sexualisierung ist eine Erniedrigung, welche die Frau einer Ware unterstellt. Die Frau des Porno verwendet ihren Körper immerhin noch um ihrer Lust willen. Selbst wenn ihre Lust im heterosexistischen Mainstream oft gänzlich verkannt und der männlichen unterstellt wird. In der Werbung dient ihr sexualisierter Körper aber tatsächlich allein dem Kommerz, dem Absatz der Ware. Vielleicht sogar als Ware, als eben jener Dekogegenstand auf dem Stuhl.
Gleichzeitig haben wir einen zuwiderlaufenden Trend. Die Werbung konnte früher noch offener sexistisch werben, wohingegen Nacktheit und Sexualisierung deutlich zugenommen haben. Ein Trick der Werbewirtschaft ist es, uns Sexualisierung als Empowerment zu verkaufen. Das kann sie auch sein, ist sie aber nicht per se. Wenn Nacktheit oder Sex an sich nicht das Problem sein kann, so kann sie auch nicht ein Heilsbringer sein. Und wir werden uns von Fall zu Fall den Kontext ansehen müssen.
Und wie PinkStinks zeigt, ist es eigentlich gar nicht so schwer.