Seit Juli gibt es einen SafeR Cyber Sex Guide, der uns allen dabei hilft, digitale Sexualität, wie etwas das Versenden von Nacktfotos oder das Aufnehmen sexueller Videos, sicherer zu gestalten. Die fünf wichtigsten Tipps daraus möchte ich euch hier vorstellen.
Im Juli haben meine Kolleg*innen Barbara Rothmüller, Anna Maria Diem, Emelie Rack und ich im Zuge der Studie „Liebe, Intimität und Sexualität in Zeiten von Corona“ ein SafeR Cyber Sex Guide herausgebracht. Die Studie hat gezeigt, dass Menschen ihre Sexualität zwar in den Monaten des Lockdowns vermehrt digital gelebt haben, dabei jedoch nur zwei Drittel aller Befragten auf ihre Sicherheit achteten.
Warum Sicherheit?
Sicherheit in diesem Kontext meint beispielsweise das Geheimhalten von Name und Aufenthaltsort, die Verwendung von Programmen mit end-to-end Verschlüsselung oder auch die Nutzung einer anonymen Emailadresse. Auch wenn ein Drittel der Befragten gar nicht auf ihre Sicherheit geachtet hat, hat das Ganze auch etwas Positives: Personen, die sich als queer identifizieren, achteten häufiger auf ihre digitale Sicherheit, als heterosexuelle Befragte.
Um Profi in Sachen Cybersexualität zu werden, hier meine fünf Favoriten:
Tipp #1: Werde erfinderisch und spiele mit Make-Up, Verkleidungen, Kostümen, Licht und Kameraeinstellungen.
Bei Cybersex sollte nicht vergessen werden, dass markante Tattoos, Piercings, Muttermale oder Narben Aufschluss über die eigene Person geben können und man* dadurch identifizierbar(er) ist. Deshalb kann es sich lohnen, kreativ und erfinderisch an das Ganze dranzugehen: Schminke und Kostüme können helfen, das unkenntlich zu machen, wovon ich nicht möchte, dass es im sexy content erscheint. Licht und Kameraeinstellungen können einerseits für ein gutes Körpergefühl sorgen, andererseits Dinge in der Dunkelheit verschwinden lassen oder in den Mittelpunkt des Geschehens rücken.
Tipp #2: Sprich mit deinem Gegenüber über Grenzen und handelt Bedingungen und Konsequenzen darüber aus, wer die sexuellen Inhalte und Bilder sehen darf bzw. Zugriff darauf hat.
Fragen, um Klarheit über diese Themen zu bekommen, können beispielsweise sein: Wo liegen meine eigenen Grenzen und die der beteiligten Personen? Wer darf die sexuellen Inhalte sehen und wer nicht? Was passiert, wenn die Bilder, Videos o.ä. in fremde Hände gelangen? Wissen alle beteiligten Personen von den Abmachungen? Was sind No-Gos?
Am sichersten lässt sich Intimität schützen, indem man dafür sorgt, nicht wiedererkennbar zu sein.
Tipp #3: Verwende für sexuelle Aktivitäten andere Programme als für die Kommunikation mit Familie oder Freund*innen.
Dieser Tipp hört sich zwar sehr basic an, ist aber nicht zu unterschätzen. Vor dem Verschicken von Nacktfotos oder dem Aufnehmen sexueller Videos macht es Sinn, sich zu überlegen, über welche Kanäle ich die dann verschicken möchte. Es kann nämlich so einiges schiefgehen, wenn beim Chatten mit der Mama auf einmal ein Nacktfoto der*des Geliebten eintrudelt.
Tipp #4: Nimm Zweifel oder gemischte Gefühle ernst, wenn sie aufkommen. Du kannst deine Meinung jederzeit ändern!
Wer kennt es nicht: zuerst möchte man* eine Tasse Tee trinken, dann ändert man* seine Meinung wieder und später möchte man* vielleicht doch wieder Tee. Aber lieber Kräutertee statt Grüntee. Genauso ist es auch bei Sex – egal ob analog oder digital: zu Beginn ist man* vielleicht noch begeistert von der Idee, dann weiß man* nicht mehr so recht. In diesen Situationen gilt: Nimm Zweifel oder gemischte Gefühle ernst!
Tipp #5: Auch die sicherste App schützt nicht davor, intime Inhalte abspeichern zu können. Vertrauen und klare Abmachungen sind deshalb umso wichtiger.
Viele Apps und Programme werben damit, keine Inhalte, Metadaten oder Mitschnitte abzuspeichern. Das stimmt aber oft nicht und eines ist (leider) klar: Wenn eine Person das möchte, wird sie einen Weg finden, intime Inhalte auch abzuspeichern. Deshalb: die vermeintlich sicherste App der Welt ersetzt weder Vertrauen noch klare Abmachungen oder das Sprechen über Grenzen.
There is no safe sex, just safeR sex.
Sex-Positive Corona Safer Sex Guide, Dieleman 2020
Der komplette Guide steht auf der Homepage von Dr. Barbara Rothmüller zum Download bereit. Und auch der Mitte Juni veröffentlichte Zwischenbericht mit den ersten Ergebnissen zur Studie kann hier heruntergeladen werden. Über die Ergebnisse zur queeren Sexualität habe ich bereits an dieser Stelle berichtet.