Ich kenne bereits mehr Leute, als ich an einer Hand abzählen kann, die mit sogenannten K.O.-Tropfen unter Drogen gesetzt und vergewaltigt wurden oder gerade noch davongekommen sind (leider die Minderheit). Passiert ist das nicht in Absteigen, sondern auch in Hipsterclubs oder Bonzenlokalen. Es sollte niemand darauf achten müssen, nicht in so eine Situation zu kommen. Aufgrund der Häufigkeit scheint es aber vielleicht doch sinnvoll, ein paar Infos zu verbreiten, worum es sich handelt und was man im Fall der Fälle tun kann.
K.O.-Tropfen, bzw. Knockout-Tropfen sind narkotisierende Mittel, die genutzt werden, um andere oder sich selbst zu betäuben. Das wird manchmal auch bei Raubversuchen verwendet, unter dem Stichwort „Date-Rape-Droge“ wurden auch Sexualdelikt bekannt, die nach dem Muster verliefen. Dabei wird unbemerkt eine überhöhte Dosis in den Drink gegossen. Die Symptome wirken meist, als wäre die betroffene Person stark betrunken. Ich kenne auch einen Mann, der betroffen ist, aber die überwiegende Mehrheit sind Frauen – und Täter waren bis auf eine Komplizin ausschließlich Männer.
Der Täter wartet, bis die Droge kickt und trägt die Person dann aus dem Lokal, die häufig nicht gänzlich unmächtig ist, sondern manchmal nur verwirrt und sprachunfähig an der Schulter gestützt mittorkelt. Es sieht aus, als würde sich ein Freund oder Partner um sie kümmern, was auch glückt, wenn niemand da ist, die oder der die Leute kennt. Manchmal sind es aber auch Leute, die man am selben Abend kennengelernt und mit denen man sich gut unterhalten hat, weshalb etwaige anwesende Freunde oder Bekannte vielleicht glauben, man hätte sich zu einem sehr betrunkenem Hook-Up hinreißen lassen. Wenn jemand nicht mehr ordentlich ansprechbar ist, kann man aber auch das ausschließen und sollte ohnehin eingreifen.
Manche der Betroffenen wurden danach irgendwo in einer dunklen Gasse wach, wo sie zurückgelassen wurden und können schwer herleiten, wer Täter war oder wo sie sich in der Zwischenzeit aufgehalten haben. Andere werden während oder nach sexuellen Übergriffen in einer fremden Wohnung wach. Ich kenne eine Geschichte, in der der Täter der Person dann weissmachen wollte, sie hätte ihn eigentlich aufgerissen und zu Sex überredet.
Die Droge führt meist zu Gedächtnislücken über den Wirkungszeitraum, weshalb es meist schwer ist, den Hergang zu ermitteln. Das erschwert auch eine strafrechtliche Verfolgung, wenn gar keine Erinnerung an Täter oder Aufenthaltsort besteht.
Es zeigen aber ohnehin wenige Leute an. Abgesehen, dass sich viele Betroffene schämen oder sich einreden, es wäre ihre schuld und sie hätten sich einfach selbst stark betrunken. Von den Menschen, die ich kenne, hat fast niemand eine Anzeige getätigt. Selbst wenn die nötigen Infos vorhanden wären, der Prozess ist meist retraumatisierend und außerdem bei gegebener Gesetzgebung wenig erfolgversprechend. Der Weiße Ring geht deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus. Hier ist dringender Handlungsbedarf vonseiten der Gesetzgeber.
Mein persönlicher Eindruck ist, dass es viele Fälle geben muss, wenn ich selbst schon privat von einigen gehört habe. Ein Problem an der Sache ist auch, dass einige Partydrogen als K.O.-Tropfen genutzt werden können. Ketamin ist in Clubs nicht selten in Umlauf, erfüllt in höherer Dosis dieselbe Funktion. Ich persönlich habe eine liberale Haltung gegenüber Drogen, würde die Substanzen, die für Vergewaltigungen genutzt werden können aber gerne vorsichtshalber rigoros aus dem Verkehr gezogen sehen.
In der Zwischenzeit können wir nur drüber nachdenken, wie man sich selbst oder andere schützen kann. Amber Rose vom Slut Blog hat übersichtliche Empfehlungen gepostet. Ich verlinke hier und unten zum Originalartikel. Hier eine aus dem Englischen übersetzte Zusammenfassung:
Allgemeine Vorsichtsmaßnahmen
- Bestell deinen eigenen Drink, sieh zu, wie er ausgeschenkt wird und nimm ihn selbst entgegen oder trinke nur aus Flaschen, die du selbst geöffnet hast
- Wirkt dein Getränk unerwartet bitter, salzig oder sonstwie komisch? Sieht der Drink irgendwie komisch aus? Irgendeine Art von Rückstand darin? Hat das Getränk einen unerwarteten Farbstich? Drop it like it’s hot!
- Mische Drogen (medizinische oder „Freizeitdrogen“) grundsätzlich nicht mit Alkohol.
- Mach dir mit Freunden ein Buddy-System aus und schaut über den Abend immer wieder nacheinander
- Halte die Augen offen, wie andere Leute sich gegenüber euch verhalten, auch Fremde um euch herum, mit denen ihr keinen direkten Kontakt hat, vor allem, wenn etwas eigenartig wirkt.
- Wenn Freunde von K.O.-Tropfen betroffen sein könnten, lasst sie nie allein, auch nicht, um kurz Hilfe zu holen.
- Vertrau dir selbst! Wenn etwas komisch wirkt, sei wachsam und vorsichtig und zweifle nicht an deiner Intuition! (Better safe than sorry).
Wenn K.O.-Tropfen im Spiel sind
1. Symptome erkennen
Diese sind etwa plötzlich auftretender Schwindel, starker Durst, Taubheitsgefühle, Probleme beim Sprechen, extremes Trunkenheitsgefühl, Übelkeit, schneller Puls, Konfusion, Schwitzen, Zittern, Kältegefühle oder sogar Halluzinationen.
2. An einen sicheren Ort kommen
Wenn du oder eine Freund*in betroffen seid, bringt euch oder die betroffene Person an einen sicheren Ort, an den der mögliche Täter keinen Zugang hat.
3. Vertrauenswürdige Person erreichen
Wendet euch an eine vertrauenswürdige Person, die euch an einen sicheren Ort bringen oder einen Ort absichern kann, an Personal, wie beispielsweise Türsteher oder Sicherheitsbeamte.
4. Medizinische Hilfe
Medizinische Hilfe sollte so schnell wie möglich aufgesucht werden. Es wird herausgefunden welche Substanz verwendet wurde und möglichen körperlichen Schäden vorgebeugt. Das ist wichtig, auch wenn bereits Stunden vergangen sind. Es werden auch Spuren möglicher physischer Übergriffe dokumentiert, was für eine etwaige Anzeige wichtig ist.
5. Seelische Unterstützung
Eine betroffene Person braucht Unterstützung, vor allem in der Phase nach dem Vorfall. Ein solcher Übergriff ist ein psychisches und physisches Trauma. Fragt Verwandte oder Freunde, ob sie in den Stunden danach bei euch bleiben können.
Hier geht es zum englischen Beitrag von the Slut Blog.
Niemand sollte darauf achten müssen, beim Ausgehen keinen Übergriff zu erleiden und niemand ist schuld daran, wenn es passiert. Da es leider zu oft vorkommt, in Bars, Discos, sogar auf Dates, macht es (leider) Sinn, ein paar Dinge, auf die man achten kann, unter die Leute zu bringen, damit man sich selbst und andere im Fall der Fälle schützen kann! Be safe!