Frauenfußball, das ÖFB-Team erfolgreich bei der EURO

Auf einmal heißt es „große Töchter“? Frauenfußball in Österreich

Die EURO der Frauen hat eine regelrechte Euphorie ausgelöst. Frauenfußball scheint in Österreich einen Durchbruch geschafft zu haben. Gleichzeitig kam es zu umso größeren sexistischen Reflexen. 

Wie Martin Blumenau treffend festgestellt hat, kamen die schlimmsten Rülpser dieses mal aber nicht unbedingt von den Rechtskonservativen, die sofort das Fähnchen im Wind wendeten und sich im Erfolg sonnten. Der Chauvinismus kam aus dem liberalen oder linken Bereich. Einen Fehlgriff leistete beispielsweise der Falter. Dieser betonte die Unterschiede zu den Männern und stellte den Frauen ein sportlich mangelhaftes Zeugnis aus. Er erwähnt nicht, dass unser Herrenteam meilenweit von einem EURO-Halbfinale entfernt ist, ja auch noch nie ein Spiel bei einer Europameisterschaft gewinnen konnte. Es wird ein Unterschied in Physis, Taktik oder Technik behauptet, um die männliche Überlegenheit zu betonen. Und damit letztlich die eigene, die Kommentatoren sind nämlich auch immer Männer. Der betreffende Autor ist übrigens kein Sport-Analytiker, sondern schreibt beispielsweise über das Maibaumstehlen, Man-Caves (männliche homosoziale Räume für Hobbies) oder Guns N’Roses.

Frauenfußball darf scheinbar nicht für sich stehen

Man würde weder beim Skisport noch beim Tennis einen Vergleich anstrengen. Für sich genommen war die EURO äußerst spannend, der Fußball taktisch hochklassig (wie bei Mannschaften wie Österreich oder Dänemark) oder physisch stark, dynamisch und schnell (wie bei England oder Holland). Kann man das so stehen lassen? Ist der Frauenfußball nur „das Andere“ des Männerfußballs? Muss man über männliche Leistungen auch dann noch reden, wenn es um Frauenfußball geht? In der Leichtathletik kommt auch niemand auf die Idee, Leistungen zu vergleichen. Es stimmt, dass Männer in manchen Bereichen die höheren Spitzenwerte erreichen, geht es in etwa um Schnelligkeit oder Kraft. Bei Beweglichkeit ist es beispielsweise umgekehrt. Aber interessieren diese Daten? Und was sagen sie aus? Spitzenwerte spezifischer Männer drücken nicht aus, dass jeder Mann schneller oder stärker oder unbeweglicher als jede Frau sei. Außerdem drückt es nicht technische oder taktische Finesse aus. Für die Beurteilung selbiger ist die breite Masse des Publikums und leider auch des hiesigen Journalismus ohnehin nicht kompetent genug, um ein qualifiziertes Urteil treffen zu können.

Es drückt auch nichts darüber aus, was für das Publikums- und Medienspektakel Fußball genauso relevant ist: Emotion und Spannung. Und beides war definitiv gegeben. Das sahen bei diesem Turnier viele Menschen so. Zumindest wenn das eigene Land beteiligt ist und man bei den Siegerinnen sein kann. Endlich einmal. Vielleicht kamen diese unsinnigen Diskussionen, die letztlich nur sexistische Annahmen hinter dem Schleier sachlicher Argumente sind, genau deshalb weit seltener von rechtskonservative Seite. Von Jeannée bis Gabalier feuerte man das Team an und war stolz auf die „großen Töchter“.

Unsere großen Töchter

Soll ich das „unsere“ oder das „große Töchter“ in Anführungszeichen stellen? Frauenfußball hat diese Leute nie interessiert. Jetzt, wo es Siege zu feiern gab, sind es auf einmal „unsere“ Erfolge. Das kennt man ja. Aber „große Töchter“? Das spielt doch auf eine bestimmte Kontroverse an?! Dieser Begriff wurde damit von ebenjener Seite in’s Spiel gebracht, der so erbittert an der alten Hymne festhielt und um chauvinistische Kommentare nicht verlegen war. Gabalier weigerte sich einst, die Töchter in der Hymne zu besingen. Nun sagte in einem Facebook-Video, Österreich sei ein Land „großer Töchter“ und „…des muss man jetzt wirklich einmal sagen!“
Hat der Erfolg des Teams etwa sogar den Hymnenstreit beigelegt? Wir werden sehen.

Eher zu erwarten ist, dass es blanker Nationalismus war und weniger mit der Anerkennung weiblicher Leistungen zu tun hatte. Das könnte sich bei nächster Gelegenheit wieder mehr als deutlich zeigen, vielleicht sogar beim Thema Frauenfußball, sollten die Leistungen wieder abfallen. Ich würde in dieser Sache lieber unrecht behalten. Jedoch hat Gabalier sein Video auch wieder gelöscht.

Auf jeden Fall haben ganz viele Menschen festgestellt, dass es Spaß machen kann, Frauenfußball zu schauen. Und das macht die Sache für Frauen, die Fußball spielen wollen, in Zukunft hoffentlich noch ein Stückchen leichter. Vielleicht haben einige Mädchen gesehen, wie cool es ist, Fußball zu spielen. Und einige Eltern, dass es ok ist, wenn Mädchen das wollen. Fußball ist gut für das Selbstbewusstsein, lehrt Respekt vor anderen, stärkt den Kampfgeist, lehrt Niederlagen zu akzeptiert und vermittelt Teamgeist. Das sind keine männlichen Tugenden. Es sind menschliche.

Frauen spielen Fußball. Wenn du Frauen respektierst und Sport respektierst, so kannst du nur Respekt vor Frauenfußball haben.

 

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About The Author


Pat

Patrick ist Autor und Filmemacher. Er macht Dokumentarfilme und produziert mit Arthouse Vienna Queer, Feminist und Arthouse Porno.

Er hat mit "Feminismus fickt!" ein Buch über Perspektiven feministischer Pornoindustrie geschrieben.

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