Warum Klimagerechtigkeit auch eine feministische Forderung ist

Die Klimakrise wird oft als wissenschaftliches oder technisches Phänomen bzw. Problem abgetan, ohne seine sozialen, politischen und ökonomischen Dimensionen zu bedenken. Immer wieder wird auch feministische Kritik an den Klimakämpfen laut. Doch was kann feministische Klimagerechtigkeit eigentlich bedeuten und wie können feministische Forderungen und Klimagerechtigkeit zusammengedacht werden? Einige Überlegungen

 

Unterschiedliche Betroffenheiten

Eine soziale Dimension der Klimakrise ist, dass Menschen unterschiedlich davon betroffen sind. Konkrete Auswirkungen wie Waldbrände, Trockenheit oder die Kontaminierung von Wasser sind nicht nur bereits heute spürbar, sondern betreffen Frauen* und Männer* auch anders (stark). Da Frauen* vordergründig für Sorgearbeit zuständig sind, sind sie* besonders von den Auswirkungen und Konsequenzen (Trockenheit, Landraub, Lebensmittelknappheit etc.) betroffen. Sie sind auch diejenigen, die primär mit den Folgen wie Krebs oder Fehlgeburten zu kämpfen haben – gleichzeitig aber durch gesellschaftliche Machtverhältnisse und hierarchische Geschlechterrollen eingeschränkte Möglichkeiten haben, an (Klima)Politik bzw. allgemeiner öffentlicher Teilhabe zu partizipieren.

 

Gleicher Feind, gleiche Hater, zwei Kämpfe

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: die feministische Bewegung und der Kampf um Klimagerechtigkeit haben mehr Gemeinsamkeiten als gedacht. Beide stellen Macht und Gesellschaftsstrukturen in Frage und zielen auf gesellschaftliche und soziale Transformationen ab – die Kämpfe werden also gegen die gleichen Feinde geführt. Nicht nur das: Menschen die die Gender Studies als „Ideologie“ und hinter der Geschlechtergerechtigkeit eine Bedrohung des traditionellen Familienmodells sehen, sind oft die gleichen wie Klimawandelleugner. Sie folgen meist einer rechten Ideologie und sind hauptsächlich weiß, männlich*, privilegiert und aus dem globalen Norden.

„Es wird keine Klimagerechtigkeit geben, wenn es keine neue Gesellschaft mit feministischer Emanzipation gibt. Andersherum: kein feministischer Kampf wird komplett sein, so lange die ökologische Krise nicht überwunden ist“

Renata Motta, Junior Professorin für Soziologie am Lateinamerika-Institut der FU Berlin

 

Der Klimawandel als patriarchales Problem

Es gibt zig-tausende ökologische Ursachen für die Klimakrise. Gemeinsam ist ihnen allen, dass hinter den unaufhaltsamen Auswirkungen des Klimawandels kapitalistische, rassistische und patriarchale Strukturen stehen. Die Logik, die an diesem Zustand schuld ist, basiert auf Gewinnmaximierung, Ausbeutung von Mensch und Natur und der Unterdrückung von Mitwelt, Umwelt und marginalisierten Gruppen Das System beruht auf dominanten Männlichkeiten , die ohne Rücksicht auf Verluste Entscheidungen treffen, die gesellschaftlich katastrophale Folgen haben, aber Geld einbringen. Problematisch ist dabei auch, dass Mainstream-Lösungen genauso männlich* konnotiert sind. Technologische Lösungen wie der Umstieg auf erneuerbare Energien zielen nicht auf eine bessere gesellschaftliche Situation ab, sondern versuchen nur einen anderen Weg innerhalb des kapitalistischen Systems zu finden. Menschenrechte werden auch dabei mit den Füßen getreten. Wo können Lösungen gefunden weden, wenn nicht innerhalb der eigenen Box?

 

Was ist feministische Klimagerechtigkeit?

Feministische Klimagerechtigkeit setzt sich für nachhaltigere Lösungen, wie beispielsweise alternative, solidarische Wirtschaftsmodelle ein, die Community basiert sind. Sie zielt darauf ab, tatsächliche Alternativen sichtbarzumachen und auch auf die Politik Einfluss zunehmen. Nur so können gesellschaftliche Veränderungen und kultureller Wandel forciert werden. Feministische Klimagerechtigkeit muss dabei offen und solidarisch sein und sich immer wieder mit den Fragen auseinandersetzen:

> Wer ist anders bzw. wie von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen?

> Wo gibt es bereits Solidaritätsnetzwerke und Allianzen? Wo noch nicht?

All diese Fragen müssen intersektional gedacht werden, denn Menschen sind aufgrund von Macht- und Unterdrückungsverhältnissen unterschiedlich von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Wie sehr ist eine Kleinbäuerin im ländlichen Brasilien im Vergleich zu einem Großgrundbesitzer in den USA betroffen?

 

Was können wir tun?

Zuhören

In der klassischen Klimabewegung wird oft davon ausgegangen, dass sich marginalisierte Gruppen nicht mit Themen wie Klimagerechtigkeit auseinandersetzen. Das stimmt so nicht, sowohl im globalen Süden als auch bei uns in Europa gibt es Wissen und Lösungsansätze darüber – doch niemand hört ihnen zu. Das Wissen indigener Communities darf nicht einfach in unseren weißen, akademischen Klimakampf subsumiert werden, ihr Klimaaktivismus reicht weiter zurück als Fridays for Future.

Solidarisch sein

Solidarisch sein und gemeinsam kämpfen anstatt alleine. Nach den Schnittmengen der beiden Bewegungen fragen – das ist ressourcenschonender und effizienter!

Privilegien nutzen und Verantwortung übernehmen

Auch wenn wir nichts für unsere Privilegien können, müssen wir Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Brauchen wir wirklich ein neues Auto? Wäre die Strecke nicht auch mit dem Zug statt mit dem Flugzeug zu bewältigen? Wem gebe ich bei der nächsten politischen Wahl meine Stimme?

No climate justice without gender justice

Further Readings:

genderCC – Women for Climate Change

About The Author


Sophie

Ausgebildete Sexualpädagogin, Studium der Gender Studies. Sophie beschäftigt sich mit Themen wie Bodyimage, Sex und Geschlechtergleichstellung.

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