Der große Anteil der Pornographie zeigt ein problematisches Bild von Geschlechterrollen und davon, wie Sexualität ablaufen soll. Mittlerweile gibt es viele Gegenentwürfe, die unter einem neuen Schlagwort auftreten: Ethischer Porno. Was ist der Beweggrund dafür, wie sieht das aus und was hat das mit feministischem Porno zu tun?
Falsche Rollenbilder aufbrechen
Öffnet man die Startseite von Pornhub oder ähnlichen Websites, die pornografische Videos gratis ins Internet stellen, bekommt man Vorschläge wie „Asian Teen rides dick passionately“ oder „Daddy and Stepdaughter“. Dieses Videomaterial wird von vielen Feminist*innen kritisiert. Es werden klare Gesellschaftsbilder gezeigt: die Frau ist der passive, der Mann der aktive Part im (heterosexuellen) Porno. Während die männlichen Darsteller eine immerzu lüsterne Sexmaschine mit makellosem Körper und meist überdurchschnittlich großen Penis darstellen, sollen die Frauen immer bereit dazu sein, alles mitzumachen und dabei immer perfekt aussehen. Es besteht keine offene Kommunikation, die Charaktere des Pornos machen alles sofort richtig, und müssen von der*/den anderen Person*en keine Anweisungen entgegen nehmen. Das kann dazu führen, dass beim realen Sex Feedback oft als Beleidigung verstanden wird. Oder man möchte die andere Person nicht „persönlich verletzen“ und gibt sich mit dem mittelmäßigen Sex zufrieden, anstatt die eigenen Wünsche und Fantasien zu kommunizieren. Aufgrund des fehlenden Gespräches wird auch kein verbaler Konsens gegeben. Es wird angenommen, dass die andere Person es genauso möchte – und beim Porno ist es dann auch meistens so. Es wird eine Perfektion erzeugt, die beim Sex in der Realität schwer zu erreichen ist und sehr limitierend wirkt.
Der Mainstream Porno ist an eine bestimmte Zielgruppe gerichtet – der weiße, cisgender, heterosexuelle Mann, der in unserer Gesellschaft an die Spitze der Hierarchie gestellt wird. Das spiegelt sich dann auch in der Pornografie wider. Es gibt auch noch jede Menge Rassismus sowie auch Homophobie: der „große schwarze Penis“ wird zu einem Ideal, welches von den weiblichen Pornodarstellerinnen am meisten vergöttert wird. Asiatinnen treten in der knappen Schuluniform auf und werden als submissive, teenagerhafte Frauen fetischisiert.
Homosexuelle Männer* findet man sehr wenig bis fast gar nicht in Mainstream Pornos und lesbische Pornoszenen sind wieder nur ausschließlich für das männliche heterosexuelle Auge gemacht worden anstatt für lesbische Frauen* selbst.
Leider ist Sex noch immer ein gesellschaftliches Tabu, über das selten auf eine offene Weise gesprochen wird. Deswegen funktioniert Pornografie auch für viele junge Menschen als Bildung – durch sie lernt mensch, wie Sex auszusehen hat und was dabei als Norm gilt. Dass der Mainstream Porno dabei die patriarchalen und kapitalistischen Werte nur verstärkt sowie Leistungsdruck ausübt und die sexuelle Experimentierfreude einschränkt, ist aus einer emanzipatorischen Sicht gesehen kontraproduktiv.
Ethischer Porno und Feminismus sind nicht auseinander zu denken
Deswegen haben Feminist*innen eine eigene Form von Pornografie entwickelt: Ethische Pornos haben sich aus dem Sexpositivismus entwickelt, eine Bewegung, bei der es darum geht, jede Art von Sexualität und Fetisch zu akzeptieren, solange es konsensuell ist. Konsens ist ein essentieller Teil der ethischen Pornografie. Das heißt, dass die Zustimmung aller Akteur*innen klar wird. Besonders wichtig ist das auch bei Fetisch- und BDSM-Szenen, da in vielen Fällen in diesen eine Machtimbalance besteht. Dabei ist der (verbale) Konsens von jeder Person extrem wichtig und wird auch im Videomaterial gezeigt.
Beim Dreh werden auch die Mitwirkenden gerecht behandelt, denn jede*r wird als Mensch gesehen, anstatt auf die zu verrichtende Arbeit reduziert zu werden. Dazu gehören zum Beispiel faire Bezahlung und zumutbare Arbeitsstunden. Neben einer größtenteils weiblichen* Crew, das heißt Regie, Kamera und Drehbuch, wird auch Wert auf einen diversen Cast gelegt – sowohl bei der Ethnizität als auch bei Sexualität, Gender und Aussehen. In den Pornos selbst werden verschiedenste Situationen gezeigt – Schwule, Lesben, Inter* und Nonbinäre Personen, Senior*innen und Personen jeder Hautfarbe und Herkunft werden repräsentiert. Jede*r soll sich selbst in der Pornografie finden können, dadurch wird versichert, dass auch die eigene Sexualität legitim ist und erfüllend sein kann. Diese Repräsentation ist essentiell, nicht nur um mehr Gleichheit zu schaffen, sondern auch um niemanden einzuschränken und in bestimmte Rollenbilder zu zwingen.
Authentizität des Filmmaterials ist ebenfalls bedeutsam für den ethischen Porno. Die gezeigte Lust soll echt sein und nicht gespielt, ebenso wie die Orgasmen. Bei jenen wird auch der Fokus auf den weiblichen* gelegt, denn dieser ist beim Mainstream Porno oft gefälscht oder gar nicht vorhanden (und demnach leider auch oft beim realen Sex). Ethische Pornografie möchte aber auch eine Community kreieren, in der alle Platz finden, geschätzt werden und aufeinander aufpassen. Und es hat einen Bildungsauftrag: Sex soll so dargestellt werden, wie es auch in der Realität stattfindet, anstatt unrealistische Erwartungen an die Konsument*innen zu stellen. Im Sinne der Aufklärung als Erwachsenenbildung und der sexuellen Inspiration.