Was uns erotische Zeichnungen der Romantik über Porno sagen

Was alternativen oder neuen Porno vom Mainstream trennt und wonach wir in unserer Arbeit suchen lässt sich anhand der alten Künste illustrieren. Erotische Zeichnungen bedürfen eines anderen sinnlichen Zuganges als audiovisuelles Material. Das liegt schlicht daran, dass sie sich nicht bewegen und keine Geräusche machen. Es bedeutet andererseits aber auch, dass man sich mehr Zeit nehmen muss, möchte man sich auf sie einlassen. Sie erzählen eine Geschichte, deuten eine Bewegung. Man befindet sich an einer spezifischen Stelle im Fluss einer sinnlichen Interaktion an. Sie geben uns allerdings nur eine Momentaufnahme und überlassen die Geschichten der Menschen unserer Vorstellungskraft. Das „Vor“ sowie das „Nach“ des Bildes dieses einen Momentes obliegt einzig unserer Phantasie.

Die Werke, die ich zur Veranschaulichung gewählt habe, sind von Mihály Zichy. Er war ein ungarischer Maler im 19. Jahrhundert. Er lebte lange in armen Verhältnissen, bis er vom russischen Zaren zum Hofmaler ernannt wurde. Er gehörte der Romantik an, was bedeutet, dass er sich vornehmlich für die Phantasie, das Unbewusste, Sinnliche oder auch Unheimliche interessierte. Im Gegensatz zur Klassik strebt die Romantik nicht nach Vollendung, sondern nach Unendlichkeit, nicht nach Objektivität, sondern nach der subjektiven Empfindung.

 

Die Suche nach dem Unsichtbaren – Überkompensation oder Transzendenz

Beachtlich an seinem Werk ist die recht vorurteilsfreie Betrachtung von Sex. Ihn interessierte dabei vor allem das Übersinnliche. Es ist jene Komponente, die sich ähnlich der Fotografie oder dem Film auch der Malerei entzieht. Damit hat er sich wohl schon damals Fragen gestellt, die über die simple Abbildung der Sexualität hinausgehen. Ähnlich den New Pornographers, die ständig auf der Suche danach sind, wie das sinnliche Moment, das intensiv Fühlbare und nicht nur das visuell Sichtbare der Sexualität vermittelbar ist, interessierte er sich für das Transzendente des Aktes.

Es ist eine Frage, die immer noch aktuell ist. Wenig reflektiert löst es der Mainstream des Pornos mit dem Gebot der maximalen Sichtbarkeit: Lust ist, wo man Lust sieht. Doch was sieht man an der Lust? Penetration und Ejakulation. Doch was drückt es mehr als körperliche Vorgänge aus? Was sagt es über das Empfinden? Was vermag es über Lust zu vermitteln? Über Sinnlichkeit? Über zwischenmenschliche Verbindungen durch das Körperliche und nicht über Körperlichkeit als Selbstzweck?

Erotische Zeichnung der Romantik, Mihaly Zichy

About The Author


Pat

Patrick ist Autor und Filmemacher. Er macht Dokumentarfilme und produziert mit Arthouse Vienna Queer, Feminist und Arthouse Porno.

Er hat mit "Feminismus fickt!" ein Buch über Perspektiven feministischer Pornoindustrie geschrieben.

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