Was bedeutet was? Der Sexualitäten-Guide ( inklusive ÖGS)

Während Sexualität ein immer offeneres Thema wird und sich dadurch ihr Gesprächsrahmen erweitert, wissen viele Menschen nicht, welcher Ausdruck eigentlich welche sexuelle Orientierung oder Identität beschreibt. In diesem Sexualitäten-Guide sollen die grundlegenden Begriffe verschiedenster Sexualitäten und Lebensweisen erklärt werden:

 

Hinweis: Ganz neu gibt es jetzt auch eine Übersetzung dieses Beitrags in ÖGS (Österreichische Gebärdensprache). Die findest du: hier. 

 

Heterosexualität 
Bei der Heterosexualität wird sexuelles Begehren und romantische Liebe ausschließlich für das andere Geschlecht empfunden. Mann und Frau finden zueinander. Somit gilt Heterosexualität als binär (= zwei Optionen: männlich und weiblich).

 

 

 

Queer  
Queer ist ein Überbegriff: Sexuelle Orientierungen, die nicht in die gesellschaftliche Norm (Heterosexualität) passen, werden zusammenfassend als „queer“ bezeichnet. Viele Menschen sagen lieber, dass sie queer sind, als sich lesbisch, bi und so fort zu nennen.
Wieso? Da Sexualität fluid ist, sich also immer in Bewegung und im Wandel befinden kann und dadurch nicht klar zu benennen oder starren Begriffen zu 100% zuzuordnen ist, bevorzugen viele Menschen den offeneren Begriff „queer“. Der sagt einfach aus, dass andere Formen von Sex, Geschlecht und Liebe für die Person möglich sind.

 

 

 

Homosexualität  
Bei der Homosexualität gilt das sexuelle und romantische Interesse den Personen des eigenen Geschlechts. Mann trifft auf Mann, Frau auf Frau.

 

 

Bisexualität  
Bei der Bisexualität können Gefühle romantischer und sexueller Natur beiden Geschlechtern gegenüber empfunden werden. Dabei kann sich also eine Frau oder ein Mann, in einen Mann als auch in eine Frau verlieben, und mit dieser Person sexuell interagieren wollen.

 

 

Polysexualität  
Poly bedeutet viele und stammt aus dem Griechischen. Polysexualität geht folglich über das Interesse an beiden Geschlechtern (biologische Frauen und Männer) hinaus. Polysexualität bezieht sich nämlich auf das Entwickeln-Können romantischer und erotischer Gefühle gegenüber Männern, Frauen, Transsexuellen, Intersexuellen und auch Menschen, die sich selbst keiner dieser Sexualitäten zuordnen. Dabei fühlen sich polysexuelle Menschen nicht zwingend von allen – sondern meist nur von einigen – dieser Sexualitäten angezogen. Alle Sexualitäten liegen jedoch im Möglichkeitsbereich.

 

 

Pansexualität  
Pansexualität ist sozusagen die Weiterführung der Polysexualität. Pansexuelle Menschen können sich nämlich zu jeder Geschlechtsidentität hingezogen fühlen und auch für jede romantische Gefühle entwickeln. Alle Personen liegen also im Bereich des Möglichen, um für sie Gefühle von romantischem, als auch von sexuellem Interesse empfinden zu können.

 

 

Asexualität
Asexuelle Menschen haben kein Interesse an Sex. Sie verzichten nicht freiwillig auf Sex, obwohl sie sexuelle Motivation verspüren, sondern empfinden schlichtweg keinen sexuellen Drang. Asexualität schließt jedoch romantische Nähe nicht aus. Asexuelle Personen können daher auch hetero-, homo- oder biromantisch sein. Nur sexuelles Verlangen, also das Bedürfnis nach Sex, fällt weg. Mehr Infos zu Asexualität findet ihr bei: AktivistA.

 

 

Demisexualität  
Demisexuelle Menschen empfinden sexuelles Interesse an einer Person nur dann, wenn sie eine starke emotionale Verbindung zu ihr haben. One-Night-Stands wären beispielsweise entgegen demisexuellen Wünschen.

 

 

Intersexualität
Als intersexuelle Personen werden diejenigen Menschen beschrieben, die wegen genetischer, anatomischer und/oder hormoneller Gründe biologische Merkmale des weiblichen, als auch des männlichen Geschlechts haben. Intersexuelle Menschen sind folglich biologisch gesehen weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen, denn sie weisen die Einzigartigkeit beider auf.

 

 

Polyamorie  
Polyamorie bezeichnet zwar keine sexuelle Ausrichtung oder Geschlechts-Identität, fällt aber dennoch in den Bereich wichtiger Begriffe, wenn es um bestimmte Lebensweisen und erotische und romantische Praxen geht.
Poly kommt aus dem Griechischen und bedeutet „viele oder mehrere“. Amor kommt aus dem Lateinischen und bezeichnet „Liebe“.  Polyamorie begründet also die Liebe zu Vielen und folglich eine offene Beziehungsform, bei der mehr als ein Mensch zur selben Zeit geliebt werden kann. Wissen, Einverständnis, Kommunikation und Vertrauen sind dabei wichtige Faktoren, denn alle beteiligten Personen müssen die Situation kennen und sich mit ihr wohl fühlen.
Polyamoröse Beziehungen haben viele verschiedene Konstellationsmöglichkeiten (zB.: eine Gruppe aus mehreren Menschen, die sich alle lieben und sexuell miteinander verkehren; oder nur eine Person die Verliebtheit und Zärtlichkeit mit zwei anderen teilt; oder Personengruppen, die nur romantische und keine sexuellen Bindungen eingehen;…). Für alle gilt jedoch, dass die Beteiligten mit der Situation einverstanden sein müssen.
Darüber hinaus ist Polyamorie offensichtlich nicht auf bestimmte Sexualitäten eingeschränkt. Menschen verschiedenster sexueller Ausrichtungen leben in polyamorösen Beziehungen.

 

 

Transgender und Transsexualität    

Transsexualität und Transgender werden oft zusammengefasst, obwohl die Begriffe nicht dasselbe bezeichnen. Um die beiden Ausdrücke zu erklären, ist es wichtig, zwischen dem körperlichen Geschlecht (Transsexualität) und dem sozialen Geschlecht (Transgender/Gender) zu unterscheiden. Es lässt sich  beispielsweise einfach formuliert sagen, dass Sexualität eine Frage des Körpers und Gender eine der Gedanken und Einstellungen ist.
Achtung: Der Begriff gender kann nicht wortwörtlich als „Geschlecht“ übersetzt werden, da er viel mehr bedeutet als das körperliche Geschlecht (englisch: sex).

  • Transsexualität
    Transsexualität bezieht sich auf den Körper und nicht auf die sexuelle Ausrichtung. Transsexuelle Menschen verändern ihr biologisches Geschlecht, denn sie werden in das für sie falsche Geschlecht hineingeboren.
    Ein Beispiel: Eine Person, die körperlich weibliche Merkmale aufzeigt, spürt, dass sie eigentlich ein Mann ist. Der Körper, in den er geboren wurde, stimmt mit seinem Inneren nicht überein. Ein Mann ist demnach im Körper einer Frau gefangen. Er war immer schon ein Mann. Die Einkategorisierung als Frau macht ihn nicht zu einer.
    Die Begriffe Transfrau (eine Person, die mit männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde, sich aber als Frau identifiziert) und Transmann (eine Person, die mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde, sich aber als Mann identifiziert) sind dabei wichtig.
    Personen, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, mit dem sie geboren wurden, nennt man CisCismann und Cisfrau.
  • Transgender
    Gender bezeichnet hingegen das soziale Geschlecht und bezieht sich folglich auf Identität, Benehmen, Ausdruck, Selbstempfinden und Selbstgestaltung. Gender ist außerdem nicht binär und kann daher viele Formen annehmen. Transgender (wie der Name schon sagt) bewegt sich in eben diesem fluiden und komplexen Raum, in dem es mehr als nur zwei Geschlechter (Mann und Frau) und stattdessen viele Zwischenformen gibt. Es geht um ein unendliches Spektrum.
    Trans-gender bedeutet folglich: eine andersgeschlechtliche oder geschlechtsneutrale Geschlechtsidentität.
    Eine Person, die sich als Transgender identifiziert, kann beispielsweise ein Mann sein, der sich zu Frauen hingezogen fühlt, aber ebenfalls cross-dressing (sich dem anderen Geschlecht entsprechend zu kleiden) ausübt.
    Auch wenn Transgender in vielen Formen auftreten kann, haben alle Transgender-Personen gemeinsam, dass sie alternativen und nicht-binären Konzepten von Maskulinität und Femininität folgen (wollen).
    Gender entspricht – so wie Transsexualität- keiner sexuellen Orientierung. Transgender-Personen können also hetero, bisexuell, homosexuell, asexuell,… sein.
    Wichtiger Hinweis: Non-binary (nicht-binäre) Menschen lehnen die üblichen Pronomen „sie/ihr“ oder „er/sie“ ab. Im Englischen nutzen sie das geschlechtsneutrale „they/them“ als Pronomen. Im Deutschen gibt es kein geschlechtsneutrales Äquivalent. Da wird auf den Namen und die Nutzung geschlechtsneutraler Formulierungen ausgewichen.
  • Androgynie
    Der Begriff steht dem des Transgenders nahe und kann sogar als ein Teil davon verstanden werden. Androgynie bezeichnet das Nutzen oder Vorweisen von Elementen des Männlichen als auch des Weiblichen und steht somit für einen Selbstausdruck im Spektrum Dazwischen. Das Erscheinungsbild androgyner Personen ist meist weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zuzuordnen. Und kann auch von Tag zu Tag ganz unterschiedlich aussehen – je nach Gefühl.
    Manchmal wird Androgynie sogar – wie Transgender – als Beschreibung einer Geschlechtsidentität verstanden, die sich in dem genannten Zwischenraum befindet oder eventuell auch dort nicht zugeordnet werden kann.
 
 
 

In diesem Guide ging es mir darum, so kurz und klar wie möglich zu erklären, welche Begriffe es im Rahmen von Sexualität grundsätzlich gibt, und was sie bedeuten. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Ich hoffe, ihr findet hier, was euch noch unklar war oder gebt Bescheid, falls euch bestimmte Infos in diesem Guide noch fehlen oder ihr euch falsch repräsentiert fühlt. 

 

About The Author


Ani

Ani hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften mit dem Fokus auf feministischen Filmtheorien studiert und setzt sich künstlerisch in Form von experimentellen Filmprojekten und Musik mit Verletzlichkeit und Intimität auseinander.

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