Breaking the Taboo: Warum wir mehr über die Regel sprechen müssen

Die Monatsblutung – oft auch DIE Regel, Menstruation oder Periode genannt – ist ein Mysterium mit vielen Namen. Es gibt unzählige andere Bezeichnungen, die die Regelblutung umschreibt oder verniedlicht, manchmal sogar verharmlost und in ein falsches Licht rückt. Die konkrete Benennung ist der erste Schritt um zu wissen, was monatlich in meinem Körper vorgeht. Aber was ist die Menstruation eigentlich? Und warum haftet ihr bis heute ein so starkes Stigma an?

Die Menstruation

Im Körper einer Frau – wohlgemerkt menstruieren nicht alle Frauen und auch nicht alle, die menstruieren, identifizieren sich als Frau – baut sich während des Zyklus die Gebärmutterschleimhaut auf und macht sich so jeden Monat bereit für eine mögliche Befruchtung einer Eizelle. Geschieht dies jedoch nicht, wird im Zuge der Regelblutung die Schleimhaut abgestoßen. Diese Meisterleistung vollbringt der Körper einer Frau ca. alle 28 Tage 40 Jahre lang – von der ersten Monatsblutung im Alter zwischen 9 und 15 Jahren bis zur letzten, der Menopause.

Da Frauen ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, könnte angenommen werden, dass es ziemlich „normal“ und weit verbreitet ist, dass Frauen regelmäßig bluten. Aber warum haftet dann der Regelblutung bis heute ein Stigma an, welches es nahezu unmöglich macht, in der Öffentlichkeit über diese ach so natürliche Sache zu sprechen?

„Unrein“ und „verflucht“ – das Stigma der Menstruation

Jahrhunderte lang galten Frauen, die bluteten als „verflucht“ oder „teuflisch“ – so steht beispielsweise im Alten Testament geschrieben, dass Frauen während ihrer Regel als „unrein“ gelten und deshalb alles, worauf sie sitzen oder liegen „unrein“ wird– sie gelten als „minderwertig“ und Menschen „zweiter Klasse“. Aber auch im Hinduismus existieren diese Mythen: Da Frauen während ihrer Menstruation als „unrein“ angesehen werden, ist ihnen u.a. der Zutritt zum Tempel untersagt. Teilweise kommt es sogar vor, dass sich Frauen während ihrer Tage komplett aus der Gesellschaft zurückziehen und isolieren, da angenommen wird, dass ein „Fluch“ auf ihnen liegt.

Es ist also in den Köpfen (junger) Frauen fest verankert, dass etwas Negatives an ihnen anhaftet, wenn sie bluten. Das hat sich bis heute gehalten und dazu geführt, dass die Angst vor einem Blutfleck auf der Hose, die schlimmste Vorstellung für viele junge Mädchen ist.

Rotes Blut statt blauer Flüssigkeit

Dass diesem biologisch notwendigen und gesunden Vorgang bis heute solch ein Tabu anhaftet, ist aber auch Werbeeinschaltungen der letzten Jahrzehnte zu verdanken. Bis vor kurzem wurde nämlich in Spots für Binden oder Tampons Regelblut durch blaue Flüssigkeit ersetzt und so ein gänzlich falsches Bild über die Menstruation vermittelt. Wenn uns Monatshygieneanbieter vorgaukeln, dass wir uns nur mit ihren super gut riechenden Binden gut fühlen und uns aus dem Haus trauen dürfen, wird lediglich mit Ängsten und Klischees junger Mädchen und Frauen gespielt. Das hat rein gar nichts mit Empowerment zu tun, sondern es wird  unter dem Denkmantel der Enttabuisierung vermittelt, dass die Monatsblutung etwasWiderlichesist und stinkt. Diese Unternehmen haben kein Interesse, sich an der Enttabuisierung dieses gesellschaflichen Themas zu beteiligen, sondern wollen lediglich ihr Produkt in Umlauf bringen. Hello, my dear friend Capitalism!

Schön langsam kommen die starren Strukturen jedoch ins Rollen, denn im Oktober 2017 zeigte das britische Unternehmen Bodyform zum ersten Mal echtes Blut in ihren Produktbewerbungen und versucht so, das Tabu rund um die Regel in die Knie zu zwingen. Eigentlich ganz gut aushaltbar, wenn da rote Flüssigkeit auf eine Binde getropft wird als blaue, oder?

Was wir gegen das Tabu Regel und die damit verbundene Stigmatisierung tun können

Reden, reden und nochmals reden!

Als Mütter, Eltern, Geschwister, Freund_innen, Bezugspersonen, Lehrer_innen, Multiplikator_innen, Sozialarbeiter_innen, … Menschen dieser Gesellschaft: sprecht über die Monatsblutung. Versucht ein Gesprächsklima zu schaffen, in dem es möglich ist, darüber zu reden, was die Menstruation eigentlich ist und warum sie nichts „Schlechtes“, „Unreines“ oder „Schlimmes“ ist. Dazu gehört auch, die Menstruation adäquat zu benennen und nicht von der „Erdbeerwoche“ oder sonstigen Bezeichnungen zu sprechen – denn nur so kann ich die Vorgänge in meinem eigenen Körper besser verstehen und nachvollziehen, welchen Aufwand der Körper jeden Monat aufs Neue aufbringt. Erzählt von eigenen Erfahrungen und macht Mut, freudig und vielleicht auch ein bisschen Stolz nun in diesem neuen Lebensabschnitt angekommen zu sein.

Wichtig ist jedoch auch, mit Burschen über dieses Thema zu sprechen, Aufklärungsarbeit zu betreiben und klar zu machen, dass es sich hierbei um das normalste auf der Welt handelt – aufgrund dessen niemand gemobbt oder ausgeschlossen werden muss. Diskriminierungen aufgrund der Regel müssen einfach der Vergangenheit angehören und dazu müssen alle ihren Beitrag leisten. Das kann auch heißen, dass ich mich als Lehrerin, Schwester oder Vater mit diesem Thema intensiver auseinandersetze, damit Mädchen ohne Angst und gut vorbereitet ihrer Periode entgegenblicken können. Sind junge Mädchen über erste Anzeichen ihres Körpers informiert und können Hilfe in Anspruch nehmen, wenn die Schmerzen vor oder während der Regel zu stark werden?

Eine offene und positive Herangehenswese an das Thema Menstruation ist immens wichtig, um jungen Frauen ein Körpergefühl zu vermitteln, das geprägt ist von Wertschätzung und Zuneigung, denn die monatliche Menstruation ist (im besten Fall) eine treue Begleiterin auf dem Weg durchs Leben. Wenn wir also nicht wollen, dass sich junge Frauen durch die Regel ein negatives Körperbild aneignen, ist es auch unsere Aufgabe mitzuhelfen, die Monatsblutung von ihrem Tabu zu befreien.


Ihr wollt euch näher mit dem Thema Menstruation auseinandersetzen? Anschließend eine kleine Sammlung an aktuellen Veröffentlichungen zu Periode, weiblicher Zyklus, Sexualität und Co.

Nina Brochmann, Ellen Støkken Dahl: Viva la Vagina. Alles über das weibliche Geschlecht. S. Fischer 2017

Heike Kleen: Das Tage-Buch: Die Menstruation – alles über ein unterschätztes Phänomen. Wilhelm Heyne Verlag 2017

Laura Méritt: Frauenkörper neu gesehen: Ein illustriertes Handbuch. Orlanda Frauenverlag 2012

Mithu M. Sanyal: Vulva: Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts. Klaus Wagenbach Verlag 2009

Luisa Strömer, Eva Wünsch: Ebbe & Blut. Alles über die Gezeiten des weiblichen Zyklus. Gräfe und Unzer 2017

 

About The Author


Sophie

Ausgebildete Sexualpädagogin, Studium der Gender Studies. Sophie beschäftigt sich mit Themen wie Bodyimage, Sex und Geschlechtergleichstellung.

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