Was soll das ganze „gendern“?

Was umgangssprachlich mit „gendern“ gemeint wird, bezieht sich eigentlich auf die Verwendung geschlechtersensibler Sprache. Das heißt, darauf zu achten, ob es um Männer oder Frauen oder beide geht. Es bedeutet damit auch das zu bezeichnen, worüber man spricht. Das Wort des „Gendering“ alleine schon drückt eine Vergeschlechtlichung der Sprache aus, also Geschlechteraspekte zu berücksichtigen, die zuvor vernachlässigt wurden. 

Alles Männer, auch die Frauen

Es war lange Usus nur das männliche Fürwort zu verwenden. Früher gab es ja häufig tatsächlich nur (männliche) Politiker oder Ärzte. Frauen waren nicht nur lange von spezifischen Berufen ausgeschlossen, sondern auch von den Möglichkeiten, die entsprechende Bildung zu erfahren. Dass sie es nicht durften, wurde zynisch zu der Behauptung, dass sie es ja nicht könnten.
Nachdem sich Frauen erst nur langsam Zutritt in diese Bereiche verschafften, sah man lange wenig Notwendigkeit, sie nicht einfach auch weiterhin in einer generalisierenden männlichen Bezeichnung „mitzumeinen“.

Das ergibt keinen Sinn mehr. Doch ist das Grund genug, das zu ändern?

Ja. Wer vielleicht einmal zum Geschlechterverhältnis bei Ereignissen vergangener Epochen forschen musste, wird festgestellt haben, dass einige Verwirrungen durch unpräzisen Sprachgebraucht entstehen können. Ob es immer Männer waren, oder gemischte Gruppen, es wurde immer die männliche Form verwendet. Wodurch eben unklar ist, ob denn nun Frauen dabei waren oder es sich um eine rein homosoziale Geschichte handelt. Eine Gleichmacherei.
Vor allem in der wissenschaftlichen Forschung sollte außer Frage stehen, dass man sich klar ausdrückt. Dass die Intentionen eine solche durchzusetzen folgerichtig auch aus dem akademischen Feld kamen, erklärt sich aus der Notwendigkeit der sprachlichen Präzision in der Wissenschaft. Doch das kommt nicht bei allen an.

Aktionsgemeinschaft FAQ zum Thema "gendern"
Aktionsgemeinschaft FAQ zum Thema „gendern“

 

RFS sieht "Genderwahn"
RFS sieht „Genderwahn“

Wo kommen diese Ressentiments her? Woher die starken Emotionen zu einer so schlichten und einfachen Angelegenheit?
Entweder bedarf es einer Verbesserung der Sprachkenntnisse, um diesen Leuten tatsächlich zu vermitteln, welche Begriffe mit einem klaren Artikel versehen sind und welche angepasst werden können oder müssen, oder aber es hat andere Gründe. Viele scheinen die präzise Sprachwahl als Affront zu betrachten. So sehr, dass eine Ministerin wegen der Änderung von ein paar wenigen Worten in der Hymne Morddrohungen erhält. Ebenso eine andere, die einen mittelprächtigen Musikanten an den richtigen Text erinnert.

So groß die Emotionen der männlichen Empörung, so groß ist auch ihre sprachliche Verwirrung:

Genderwahn, Formulierungen, gendern, geschlechtersensible Sprache

 

Es geht mir um’s Partizip!

Sprache hat sich immer schon geändert und es wurde auch immer schon darüber gejammert. Auch das wird sich legen. Früher oder später wird es niemanden mehr jucken. Nun muss ich aber zugeben, dass ich mit geschlechtersensibler Sprache auch nicht ganz glücklich bin. Allerdings fühle ich mich durch sie weder beschnitten, noch stört es meine Lesekompetenz. Da finde ich Comic Sans viel irritierender.

Mit gefällt zum Beispiel nicht, dass nun manchmal die sexuelle Orientierung markiert wird. Im Englischen setzt sich aus diesen Gründen mehr und mehr das „partner“ durch. Das ist im Deutschen nicht ganz so einfach. Ich persönlich bevorzuge geschlechtsneutrale Sprache, also Begriffe, die das Geschlecht gar nicht markieren. Substantivierte Adjektive und Partizipien lösen das Problem, sie haben im Plural keine Genusunterscheidung. Zum Beispiel „Entscheidungstragende“, „Unterstützende“, …ganz ohne Binnen-I, Queerstrich oder Sternchen. Das gefällt mir persönlich optisch besser, aber das ist ja nicht die wichtigste Sache. Und manchmal muss man kleine Umwege nehmen. Denn bevor wir in der Sprache nur mehr von Menschen sprechen, ohne uns auf das Geschlecht beziehen zu müssen, ist es wohl nötig, jene miteinzubeziehen, die vom gängigen Sprachgebrauch unsichtbar gemacht werden.

Als Zwischenschritt, wenn man so will. Und das aus Prinzip!

About The Author


Pat

Patrick ist Autor und Filmemacher. Er macht Dokumentarfilme und produziert mit Arthouse Vienna Queer, Feminist und Arthouse Porno.

Er hat mit "Feminismus fickt!" ein Buch über Perspektiven feministischer Pornoindustrie geschrieben.

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