Was bedeutet was? Filmbegriffe im Überblick

In der Filmpraxis- und Theorie existieren viele Begriffe. Einige dieser Begriffe werden in unserem Blog und im Kontext von Feminismus oft verwendet, doch was bedeuten sie eigentlich? Alle wichtigen Filmbegriffe zu beschreiben, würde den Rahmen des Eintrags sprengen. Hier sind deshalb die wichtigsten gesammelt, die auf Purpurr und innerhalb der Themen, mit denen wir uns auf Purpurr auseinandersetzen, vorkommen. Ihr findet hier also Infos zu Queerbaiting, Gegenkino, Homosexualität im Film, Femme Fatale, Male Gaze, dem Pygmalion-Motiv und vielem mehr: 

 

Arthouse
Von Arthouse ist die Rede, wenn es um Nicht-Mainstream-Kino geht. Arthouse-Film bezeichnet eine Form des Kunstfilms. Wer mehr zu den Begriffen Arthouse und Arthouse-Pornografie wissen möchte, findet alle Details: hier.

 

Bechdel-Test
Der Bechdel-Test wurde durch Alison Bechdel bekannt und soll die Darstellung und Repräsentation der Frau im Film thematisieren und kritisieren. Während eines Films müssen folgende Fragen mit „Ja“ beantwortet werden, damit er den Bechdel-Test besteht: Gibt es mindestens zwei Frauenrollen? Sprechen sie miteinander? Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?
Obwohl die Fragen lächerlich einfach wirken, bestehen viele Filme den Test nicht.
Mehr zum Bechdel-Test und weiteren solcher Tests findet ihr: hier.

 

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Chick Flick
engl.: chick = Kleine, junges Ding, Puppe; flick = Film
Chick Flick hat sich von seinem Gegenbegriff Dick Flick abgewandt und meint nun das, was unter Frauenfilm zu verstehen ist. Ein Chick Flick ist ein Liebesfilm aus weiblicher Sicht. Er handelt von Emotionen und Beziehungen und soll die Herzen der Frauen ansprechen. Dabei spielen die Frauen auch Hauptrollen und sind als tragende Figuren in der Handlung zu erkennen. Mehr Infos findest du weiter unten unter Frauenfilm.

 

Close-up
Ein Close-Up ist die englische Bezeichnung für „Nahaufnahme“. Üblicherweise umfasst eine Nahaufnahme das Gesicht eines Menschen. Ein Close-Up erzeugt durch die Nähe meist eine gewisse Intimität und Verbundenheit. Das Close-Up gilt deshalb als einer der Gründe, weshalb Film heute als Kunstrichtung angesehen wird. Im folgenden Beispiel sieht man eine Szene aus Like Crazy, die stark mit Close-Ups arbeitet. Man spürt den Unterschied in der Stimmung, sobald der Switch zur Nahaufnahme passiert:

 

 

Dick Flick
engl.: dick = Penis; flick = Film
Im Gegensatz zum Chick Flick, der ein weibliches Publikum ansprechen soll, zielt ein Dick Flick auf ein männliche Publikum. Dick Flicks zeigen Frauen als (Sex-)Objekte und konzentrieren sich vor allem darauf, den sexuellen Instinkt der Männer anzusprechen.

 

 

Femme fatale
franz. femme = Frau; fatal, -e = schicksalhaft, unvermeidlich, verhängnisvoll, unheilvoll
In der Figur der Femme Fatale wird eine Umkehrung der Geschlechterrollen spürbar. Femme Fatales sind vergleichbar mit einem Vamp. Sie sind sehr attraktiv, sexuell aufgeladen inszeniert und verführerisch. Sie sind aber auch unabhängig und wissen sich durchzusetzen. Sie werden mit männlichen Attributen wie Anzügen, Zigaretten und Pistolen (Phallussymbole) inszeniert. Männer sind ihnen unterlegen, verfallen ihnen und werden von ihnen für ihre Zwecke ausgenutzt. Femme Fatales kommen oft im Film Noir (eine Filmgattung) vor. Dabei wird auch der Blick des Mannes auf sie reflektiert. Dieser ist von Angst und Unsicherheit ihr gegenüber geprägt. Wie genau sich dieser ängstliche, männliche Blick zeigt bzw wie er sich umkehrt, kann mit Hilfe dieses Artikels weiterverfolgt werden:  „Feministische Filmtheorien? Hallo Laura Mulvey“

 

 

Frauenfilm 
Der Frauenfilm wendet sich an ein weibliches Publikum und kann aus zwei Blickpunkten gesehen werden:
1) Frauenfilme sind Filme, die aus einer weiblichen Perspektive heraus behandelt werden. Emanzipation und Feminismus sind diesen Filmen innegeschrieben. Die Regie wird von Frauen übernommen, so dass der weibliche Blick gesichert ist. Den Filmen geht es darum, ein richtiges und unabhängiges Frauenbild zu konstruieren und weibliches Bewusstsein in den Vordergrund zu stellen. 
2) Inzwischen werden aber auch solche Filme als Frauenfilme verstanden, die speziell (vor allem von Hollywood- einer männlichen Institution) für Frauen konzipiert werden. Man nennt solche Filme auch chick flicks. Am Ende dieser Filme findet die schwache Frau immer ihr Happy End in der Beziehung zu einem starken Mann, der sie aus ihrer Misere rettet. Diese Frauenfilme unterliegen paradoxerweise einem männlichen Blickmuster und vermitteln keine emanzipatorische Kraft mehr. Sie sind leider immer noch die Regel als die Ausnahme. Auch Makeover-Filme zählen zu dieser Kategorie.

 

 

Gegenkino
Das Gegenkino stellt eine Gegenbewegung zum konventionellen Kino dar.
Es geht darum durchsichtig zu machen, wie Film (und vor allem Hollywood) funktioniert und durch Experimente neue filmische und künstlerische Strategien auszuprobieren. Claire Johnston hat die Idee stark gemacht, dass auch feministische Filme als Gegenkino funktionieren können. Filme, die von Frauen gemacht werden und deshalb konventionelle Muster aufbrechen und kritisieren (und experimentelle Formen beinhalten), hätten demnach auch die Kraft eine Gegenbewegung zu Hollywood darzustellen.

 

 

Lesbische Frauen im Film
Lesbische Figuren werden im Mainstream-Film nur selten gezeigt. Noch seltener werden sie offen als „lesbisch“ bezeichnet. Wenn lesbische Charaktere doch gezeigt werden, unterliegen sie dem male gaze. Weibliche Homosexualität wird also als anziehend für Männer inszeniert und lesbische Frauen werden als (Sex-)Objekte gezeigt. Außerdem unterliegen lesbische Figuren vielen Klischees. Oft werden sie als maskulin inszeniert. Sie bekommen dann viele männliche Attribute (Uniform, Motorrad, Waffe, Anzug,…) und sexuelle Dominanz zugeschrieben. Eine realistische Darstellung von homosexuellen Frauen im Film ist bislang an homosexuelle Filmemacherinnen gebunden, die im Zuge des Queer Cinema an Präsenz gewinnen.

 

 

Makeover-Filme
engl.: makeover = Veränderung, Umstyling
Der bekannteste Makeover-Film ist Cinderella. In Makeover-Filmen wird die Reduzierung der Frau auf ihre Oberfläche besonders stark angesprochen, denn ein bestimmtes Aussehen der weiblichen Hauptfigur wird innerhalb der filmischen Handlung angestrebt, um ein bestimmtes Ziel (meist das Interesse des Mannes) zu erreichen. In einer großen Makeover-Szene wird innerhalb dieser Filme die zuvor schüchterne und unsichtbar wirkende Protagonistin umgestylet und somit zum vollkommeneren Ich verwandelt. Anschließend gefällt sie ihren Mitmenschen und wird aufgrund ihres veränderten Aussehens nicht nur wahrgenommen, sondern sogar beliebt und ihr Schwarm verliebt sich endlich in sie. Makeover-Filme werden der Rubrik des Frauenfilms zugeschrieben. Beispiele sind: Pretty Woman, Clueless, She’s All That, Mean Girls, Maid in Manhattan.

 

Male Gaze
engl.: male = männlich; gaze= Blick
Der male gaze bezeichnet männliche Schaulust und in Folge dessen die fetischierte Inszenierung der Frau im Film. Laura Mulvey erkannte, dass der Blick im Film nur männlichen Sehgewohnheiten und Perspektiven folgt. Die Frau im Film fungiert folglich nur als lustvolles Objekt. Sie ist dem Blick des Mannes ausgeliefert. Das bedeutet, dass sie einerseits vom männlichen Hauptdarsteller erotisiert angesehen wird- mit ihm identifiziert sich das Publikum- aber auch vom Kamerablick, der dem Blick des Hauptdarstellers folgt. Der männliche Blick wird somit unumgänglich und (durch das Kameraauge hindurch) von den Zuseher*innen übernommen. Die Frau wird unterdrückt und objektifiziert. Laura Mulveys Theorien bieten auch heute noch wichtige Grundlagen für die feministische Filmtheorie.
Mehr zu Laura Mulveys spannenden Erkenntnissen, wie Frauen im Film inszeniert werden, findest du: hier.

 

New Queer Cinema
Der Begriff des New Queer Cinema wurde 1992 von B. Ruby Rich eingeführt. Er stellt eine Strömung queeren Filmschaffens dar, das in den 90er-Jahren vorwiegend durch amerikanische Independent-Filme aufgeblüht ist. Die Selbstidentifikation der Filmemacher*innen als „queer“ war ein wichtiges Element für die Strömung. Beim New Queer Cinema wird Homosexualität selbstverständlich und authentisch in den Mittelpunkt gestellt, ohne diese zu erklären oder an das Wissen eines Mainstream-Publikums (beispielsweise durch Anwendung von Klischees) anzupassen. Das New Queer Cinema wollte sich vom (heterosexuell orientierten) Mainstream absetzen. Heute gilt das New Queer Cinema als ein Moment kreativer Schaffenskraft, doch es ist kurz nach seinem Entstehen auch schon wieder abgeebbt.
2004 ernannte B. Ruby Rich die Strömung als beendet, nachdem queere Themen in den Mainstream Einzug fanden. Leider werden sie dort nicht angemessen behandelt.  

 

POV
POV steht für Point-Of-View (Blickpunkt) und wird im Film als Point-Of-View-Shot verwendet. Der Begriff bezeichnet eine Einstellung, die die subjektive Sicht einer Figur zeigt. Bei einem POV-Shot zeigt das Filmbild, was die Figur aus ihrer Position aus sieht. Dadurch wird das Gefühl vermittelt, in der Haut der Figur zu stecken.
In der Pornografie wird beispielsweise der POV-Shot oft eingesetzt, um vor allem den männlichen Zusehern das Gefühl zu vermitteln, selbst der Handlungsträger und somit Mitten im Geschehen zu sein.

 

Pygmalion-Motiv 
Dieses Motiv findet sich in (Hollywood-)Komödien und Melodramen. Der Begriff geht auf Pygmalion zurück, der sich in die Statue einer Frau verliebte, die er selbst als Bildhauer geschaffen hatte. Aphrodite erweckte diese auf Pygmalions Bitte hin zum Leben.
Im Film wird das Motiv folgendermaßen eingesetzt: ein (meist älterer) Mann erschafft die perfekte junge Frau, indem er sie erzieht, sie aufhübscht und ihr beibringt, wie sie sich als Frau in der Gesellschaft zu benehmen hat. (klingt verrückt, findet sich aber oft versteckt wieder).
Bekannte Filme, die diesem Motiv folgen, sind: My Fair Lady, Miss Congeniality.

 

Schwule Männer im Film
Wenn schwule Männer im Mainstream-Film gezeigt werden, dann bedienen sie meist Klischees. Da gibt es einerseits den weiblich inszenierten Schwulen, der modisch und oberflächlich ist, freche Kommentare gibt und mit den Frauen über Männer redet. Andererseits gibt es den sehr männlich inszenierten Schwulen. Er wird meist mit einer aggressiven, abnormalen Sexualität verbunden. Inzwischen greift die Hollywood-Komödie immer wieder auf schwule Nebenfiguren zurück, die nicht mehr so stark überzeichnet sind. Sie sind dennoch meist austauschbar und nicht authentisch.
Eine realistische Darstellung von schwulen Männern im Film ist vor allem an die Arbeiten schwuler Filmemacher innerhalb eines queeren Gegenkinos gebunden. Seit den 80er-Jahren findet im Zuge des Queer Cinema ein Aufschwung in dieser Hinsicht statt.

 

Queerbaiting
engl.: bait = Köder
Queerbaiting wird in Serien oft als Strategie eingesetzt, bei der homoerotische Subtexte in Beziehungsmuster der Figuren eingefädelt werden. Das bedeutet, dass in der Handlung der Serie homoerotische Verbindungen zwischen den Figuren impliziert werden, um Spannung und Neugierde zu erzeugen und eine homosexuelle Zuschauergruppe an Land zu ziehen, aber niemals explizit als solche aufgelöst werden. Queerbaiting wird deshalb als ausbeutende Strategie empfunden. Beispiele: Supernatural, Sherlock, Rizzoli and Isles, Pitch Perfect 3.

 

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Queer Cinema / Queerer Film
engl.: queer = besonders, seltsam, eigenwillig 
Queer Cinema bezieht sich auf den Inhalt von Filmen. Es geht in den Filmen um die Repräsentation von Themen, die der LGBTQ+ Community entsprechen. Sie bewegen sich somit innerhalb der Perspektiven von queeren Menschen und nehmen Bezug auf verschiedene sexuelle Orientierungen und Identitäten. Auf der anderen Seite geht es beim Queer Cinema darum, Normen aufzubrechen und zu hinterfragen, was oft durch experimentelle Formen im Film umgesetzt werden kann. Mehr Infos zu diesem Begriff, findet ihr im Interview mit Thekla Jahn: Queer Cinema. Zwischen Mainstream und Radikalität. 

 

 

 

 

 

 

Weitere Quellen: http://filmlexikon.uni-kiel.de

About The Author


Ani

Ani hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften mit dem Fokus auf feministischen Filmtheorien studiert und setzt sich künstlerisch in Form von experimentellen Filmprojekten und Musik mit Verletzlichkeit und Intimität auseinander.

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