Lea Susemichel an.schläge Magazin purpurr Illustration

Lea Susemichel (an.schläge): „Die Stunde des Feminismus hat endgültig geschlagen!“

In dieser Serie zeigen wir Gesichter des Feminismus und portraitieren Aktivist*innen und Aktivist*en. Lea Susemichel ist leitende Redakteurin beim Magazin an.schläge. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, was sie motiviert, im feministischen Bereich zu arbeiten, wie sie dazu gekommen ist, was die größten Herausforderungen sind und wie sie die nächsten Jahre sieht.

 

 

Was war deine Motivation, dich im feministischen Bereich zu engagieren?

Ganz grundsätzlich braucht die Welt einfach unbedingt mehr Feminismus – und daran müssen wir eben konkret arbeiten, was mir persönlich auch sehr lohnenswert scheint. Konkret waren Feminismus und Medienarbeit bzw. auch das (journalistische) Schreiben immer schon große Leidenschaften von mir, und sie in meiner Arbeit vereinen zu können, betrachte ich tatsächlich als Privileg, trotz aller Widrigkeiten, die das mit sich bringt.

 

 

Wie hast du begonnen?

Meine Mutter war Feministin, eine feministische Grundhaltung war also mehr oder weniger alternativlos (ich hätte aus Rebellion sonst nur zur rechten Reaktionärin werden können).
Ich habe bereits als Teenager damit begonnen, mich in Antifa-Zusammenhängen politisch und dann auch feministisch zu engagieren und bin über den Aktivismus u.A. zum Gender Studies Studium gekommen und davon bzw. von der feministischem Sprachphilosophie wiederum zur feministischen Medienarbeit.
Parallel zum Studium in Wien habe ich mich bereits bei an.schläge engagiert. 2006 habe ich dann die leitende Redaktion übernommen.

 

 

 

Ist an.schläge ein Vollzeitjob oder hast du noch andere Projekte?

Eigentlich ist es ein Vollzeitjob, aber eben leider nicht Vollzeit bezahlt, sondern nur als Halbtagsstelle. Es bleibt also kaum Zeit für Nebenprojekte, aber natürlich gibt es davon trotzdem immer jede Menge, allein schon aus finanziellen Gründen.

 

Was sind die größten Herausforderungen, die sich in deinem beruflichen Alltag zeigen?

Viel Arbeit, wenig Geld und wenig Anerkennung – so lässt es sich recht gut zusammenfassen. Denn mit Feminismus lässt sich bekanntlich leider weder symbolisches noch ökonomisches Kapital machen. Dazu kommt, dass der Gegenwind, den es ja immer gab, wieder einmal heftiger geworden ist. Einerseits global mit dem Aufstieg von Nationalismus und Rechtspopulismus, der ja immer auch ein ausgewachsener Antifeminismus ist, aber eben auch in Österreich mit Schwarz-Blau II. Die Kürzungen bei Frauenorganisationen sind desaströs und für viele Vereine existenzbedrohend. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass diese Kürzungen bei feministischen Organisationen mitnichten Sparzwänge sind, wie behauptet wird. Sie sind stattdessen das bewährte und wohlerprobte politische Kalkül rechter Regierungen, wie es sich aktuell etwa auch in Ungarn zeigt, wo man die Gender Studies an den Unis vom Lehrplan gestrichen hat. Ideologischen Feindinnen, politisch Andersdenkenden wird das Wasser abgegraben, damit das eigene reaktionäre Weltbild unbehelligt verbreitet und der gesellschaftliche Diskurs nach rechts verschoben werden. Und genau diese Diskursverschiebung lässt sich gegenwärtig nicht nur in Österreich tagtäglich beobachten, sondern beunruhigenderweise auch in vielen anderen Ländern dieser Welt.

 

Wo denkst du entwickelt sich das hin? Wird es in ein paar Jahren leichter sein, in dem Bereich zu arbeiten?

Ja, ich glaube tatsächlich, dass die Stunde des Feminismus endgültig geschlagen hat. Trotz des Backlashs, trotz meines „Pessismus des Verstandes“ versuche ich mir diesen „Optimismus des Willens“, um es mit Gramsci zu sagen, zu erhalten. Und beides ist berechtigt, denn wir erleben ja gerade tatsächlich das geradezu unheimliche Zusammenfallen von zwei ganz gegensätzlichen Entwicklungen. Nämlich von wirklich grauenhaften globalen Rückschlägen einerseits, aber andererseits mit z.B. den Womens Marches – die ja tatsächlich die größten Demonstrationen der US-Geschichte waren! – und #MeToo auch eine feministische Revolutionsstimmung, wie zumindest ich persönlich sie noch nicht erlebt habe und wie es sie global gesehen wohl auch nie zuvor gab. Aber diese Aufbruchseuphorie muss sich nun eben auch in feministischen Aktivismus übersetzen – und dieser Schritt wird angesichts des gewaltigen Gegenwinds kein leichter werden.

 

_____________________________________

Lea Susemichel, an.schläge MagazinLea Susemichel studierte Philosophie und Gender Studies in Wien mit Schwerpunkt feministischer Sprachphilosophie, arbeitet zu den Themen feministische Theorie & Bewegung und feministische Medienpolitik und ist seit 2006 leitende Redakteurin des Magazins an.schläge.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.

Datenschutzerklärung